Über 8000 Gäste kamen in die Vesperkirche Weingarten
Um 15 Uhr war Schluss. Nach zwanzig Tagen hat gestern die Vesperkirche Weingarten ihre Pforten geschlossen. An diesem letzten Tag kamen nochmals knapp 400 Gäste in die evangelische Stadtkirche. Insgesamt wurden 8020 Essensmarken verkauft. An Spitzentagen kamen bis zu 500 Gäste in die Kirche und forderten Organisatoren und Ehrenamtliche, im Schnitt waren es täglich 401 Gäste. Das Fazit von Friedemann Manz, Gerd Gunßer und Harald Dubyk fällt trotz aller Anstrengungen positiv aus.
Die Vesperkirche Weingarten 2016 kam gut bei ihren Gästen an. Und sie sparten nicht mit Lob für die Organisatoren und ehrenamtlichen Helfer. Einer Schrieb ins Gästebuch: „Ich wünsche mir jedes Jahr in Weingarten eine Vesperkirche.“ Knapp 300 Helfer engagierten sich an den vergangenen zwanzig Tagen, teilweise mehrmals in der Woche, und bewirteten die Gäste freundlich und zuvorkommend. Alle sollten und konnten sich wohlfühlen. Entsprechend ihrem Motto „Offen für alle“ trafen sich dann auch sehr unterschiedliche Menschen in der Vesperkirche: materiell und seelisch Bedürftige, einsame Menschen, aber auch solche, die ihre Mittagspause in der Kirche verbrachten, aber durch ihre Spende die Vesperkirche unterstützten. „So zeigten auch finanziell besser gestellte Gäste der Vesperkirche eindrucksvoll ihre Solidarität mit den Schwachen unserer Gesellschaft“, sagte Harald Dubyk von den Zieglerschen, einer der drei Organisatoren der Vesperkirche. Sein Kollege Gerd Gunßer vom Diakonischen Werk Ravensburg sagte: „Das war jetzt meine achte Vesperkirche. Jede war anders, aber jede ist auch was Besonderes.“ Und Friedemann Manz, der Dritte im Bunde der Organisatoren, ergänzte: „Wir müssen uns jedes Jahr auch etwas Neues einfallen lassen. Mit dem diesjährigen Schwerpunktthema Heimat ist uns das wohl auch wieder gelungen. Unsere Gäste setzten sich teilweise sehr intensiv mit dem Begriff Heimat auseinander.“
An manchen Tagen war die Vesperkirche so voll, das Gäste ins benachbarte Gemeindezentrum ausweichen mussten, um dort ihr Mittagessen einzunehmen. In der Schlange stehen und Geduld haben – auch das waren Tugenden der Gäste in der Vesperkirche 2016. Der begrenzte Raum in der evangelischen Stadtkirche Weingarten führte immer wieder dazu, dass die Schlange der Wartenden bis nach draußen reichte. Aber auch das nahmen die meisten geduldig hin.
Unterstützt wurde die Vesperkirche von drei Ärzten, die an zehn Tagen ehrenamtlich Dienst taten und für die Gäste der Vesperkirche als Ansprechpartner in medizinischen Fragen zur Verfügung standen. Unterstützt wurden sie von der kirchlichen Sozialstation Ravensburg. Das Engagement der Sozialstation drückte sich zudem in einer Tombola zu Gunsten der Vesperkirche aus. An sechs Tagen verkauften deren Mitarbeiter Lose. Wer einen Gewinn zog, konnte sich etwas aus der Tombola aussuchen. Die Gewinne wurden von Firmen aus der Region gespendet. Am Ende kamen so über 1000 Euro für die Vesperkirche zusammen. Eine überraschende Spende kam vom Waldkindergarten Weingarten. 300 Euro aus dem Erlös einer Adventsveranstaltung und selbst gebackene Muffins brachten Erzieherinnen, Eltern und Kinder sehr zur Freude der Organisatoren in der Vesperkirche vorbei.
Über 3500 Ehrenamtsstunden leisteten die rund 300 Helfer in der Vesperkirche. „Das ist, neben den vielen Spenden, der wichtigste Beitrag, damit die Vesperkirche überhaupt funktionieren kann“, sagte Gerd Gunßer am Ende des letzten Vesperkirchentages. Viele Stunden unentgeltlich brachten auch die Künstler ein, die sich an neun Veranstaltungen für die Vesperkirche auftraten. Beim letzten Konzert mit dem Musikkabarett von Volksdampf am vergangenen Samstag musste die Kirche kurz vor Beginn der Veranstaltung wegen drohender Überfüllung geschlossen werden. An diesem Abend kamen 2300 Euro Spenden für die Vesperkirche zusammen.
Gefragt unter den Gästen waren auch die Frisörtermine. Mehrere Frisöre boten umsonst ihre Dienstleistung an, die hauptsächlich von denen genutzt wurde, für die ein Frisörbesuch finanziell nahezu unerschwinglich ist. Sina Miler, Frisörin aus Ravensburg, hat dieses Jahr das erste Mal mitgemacht. An zwei Tagen, an denen ihr Geschäft geschlossen hatte, verbrachte sie mehrere Stunden in der Vesperkirche. 19 Gäste kamen und ließen sich von ihr frisieren. Ihre Arbeit in der Vesperkirche hätte ihr im eigenen Geschäft Einnahmen in Höhe von etwa 800 Euro eingebracht. Nun hat sie ihre Zeit und Dienstleistung für bedürftige Besucher der Vesperkirche gespendet. „Ich habe hier gerne geholfen. Vor allem auch aus Dankbarkeit, da es mir ja gut geht“, begründete Sina Miler ihre Mitarbeit für die Vesperkirche.
Am Ende des letzten Tages war auch etwas Wehmut zu spüren. Nach zwanzig Tagen ist unter den Ehrenamtlichen wieder eine Gemeinschaft gewachsen. Nach dem Abschlussgottesdienst luden die Organisatoren alle Helfer der Vesperkirche zu einem kleinen Essen in der Vesperkirche ein. Jetzt waren sie die Gäste und wurden bedient.